„SKETCH me if you can“

Die English Theatre Group des Gymnasium Wendelstein präsentierte ihre dritte Bühneninzenierung in Folge und bot den Zuschauern ein Potpourri aus effektvollen und pointierten Sketchen dar.

Bereits dem Plakat zur Veranstaltung war zu entnehmen, dass sich die Truppe der ETG einem völlig anderen Format zugewandt hatte als in den beiden Vorjahren. Auf dem Programm standen diesmal nicht ein großes Bühnenstück sondern drei titelgebende Sketche, die die Zuschauer in jeweils ganz verschiedene Zeiten und Räume entführten. Dass diese kurzweilige Reise um die Welt als rundum gelungen bezeichnet werden konnte, ist sowohl der beeindruckenden schauspielerischen Leistung der Unterstufendarsteller/innen als auch dem Gespür der beiden Regisseurinnen für die dramaturgischen Möglichkeiten des gewählten Sketch-Formats zu verdanken.

„Am Anfang war das Paradies…?“ Dieses biblischen Diktums nahmen sich Adam (Svenja Schraut) und Eva (Sophie Wunderlich) gleich zu Beginn im intensiven Zweierspiel und mit vielen Fragen rund um das möglicherweise bereits wieder verlorene Paradies an. „Losing Paradise“ wurde mit wenigen, aber dafür umso effektvoller platzierten Theaterbausteinen inszeniert und ermöglichte dem Publikum einen identifikationsstiftenden Einstieg in den Theaterabend.

Der dem Stück „Stone Soup“ zu Grunde liegende Plot ist kein ganz unbekannter: Drei ausgehungerte und schutzbedürftige Repräsentanten einer nicht näher spezifizierten Armee ziehen nahrungssuchend durch eine Siedlung in einem Kriegsgebiet. Von Seiten der Bewohner (Annemarie Hailer, Irini-M. Panagiotopoulou, Sophie Wunderlich, Svenja Schraut) schlagen ihnen zunächst jedoch nur Ablehnung und Misstrauen entgegen. Fenster und Türen bleiben den Soldaten (Jule Albrecht, Marlin Nixdorf, Arian Rose) lange Zeit verschlossen, bis eine scheinbar simple Idee die Neugier und den Gemeinschaftsgeist der Einheimischen weckt und in der widrigen Situation eine Art Türöffnerfunktion übernimmt.

Während die Szenerie der kargen Wüstenlandschaft noch beim Publikum nachhallte, hatten die Cast-Mitglieder ihre Militärhosen im Camouflage-Look bereits gegen pluderige Salwar-Beinkleider eingetauscht und erweckten mit dem bunten Farbenspiel einer Marktszene eine völlig andere Welt zum Leben. In „The Talking Donkey“ begaben sich Zuschauer und Darsteller auf eine quasi zeitlose Reise zu den Turkvölkern Zentralasiens, wo sich um den in seinen Eigenschaften sehr wandlungsfähigen Nasreddin seit jeher zahlreiche Geschichten ranken. Nasreddin (herrlich einfältig gespielt von Jule Albrecht) lässt sich beim Eselskauf von einem Händler mit einer perfiden Geschäftsidee über den Tisch ziehen und von Svenja Schraut als besonders störrischem Esel obendrein noch das ein oder andere Schnippchen schlagen. Marlin Nixdorf überzeugte in ihrer Rolle als marktschreierischer Eselshändler von zweifelhaftem Ruf und ausdrucksvollem Mienenspiel ebenfalls auf ganzer Linie. Ihr schnäppchenverheißender, jedoch wenig Vertrauen erweckender „free bag of carrots“-Slogan klang beim Publikum noch längere Zeit nach und beendete die modern umgedeutete Volksweisheit auf einer denkbar pointierten und witzigen Note. 

Dem Anspruch definitionsgemäß verknappter, effektvoller Szenen mit humorvoller Pointierung wurden alle drei Sketche mehr als gerecht. Den beiden Regisseurinnen, Bianca Heckl und Doris Westley, ist es neben dem veranschlagten fremdsprachlichen Qualitätsniveau zudem zu verdanken, dass die Möglichkeiten des Genres voll und ganz ausgeschöpft wurden und die Veranstaltung einen äußerst stimmigen Gesamteindruck hinterließ. Die Darsteller glänzten in ihren jeweils ganz verschiedenen Rollen und gerade das dem Theaterabend zu Grunde gelegte Sketch-Format bot ihnen Gelegenheit, ihre Wandlungsfähigkeit und schauspielerische Bandbreite gleich mehrfach unter Beweis zu stellen.

Die humorvoll-kreative Stimmung der zwischen klassischer Eulenspiegelei und modernen Comedyformaten changierenden Darbietungen übertrug sich in Windeseile auch auf das Publikum. Schulleiter Johannes Novotný ließ sich ebenfalls ein Stück weit von der Ausgelassenheit der abschließend dargebotenen „Eselei“ infizieren und überreichte den beiden Regisseurinnen am Ende der Veranstaltung je einen Blumenstrauß unter - programmgemäß - schalkhaft-pointierter Ankündigung einer „free bag of carrots“.

Mirjam Müller

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