Wendelsteiner Forum, „die Zweite“: „Schwarze Löcher – Monster im All?!“

Am 8. November kam es zu einer gut besuchten Fortsetzung der im Schuljahr 2016/17 am Gymnasium Wendelstein begonnenen Vortragsreihe in Zusammenarbeit mit der Katholischen Erwachsenenbildung Roth-Schwabach und dem Förderverein des Gymnasiums. Das ein bis zweimal pro Schuljahr projektierte zusätzliche Bildungsangebot hat zum Ziel, Schüler(inne)n, Eltern und der interessierten Öffentlichkeit aktuelle Themen aus der Welt der Wissenschaft näherzubringen, die Fragen unserer Zukunft und unseres Zusammenlebens betreffen.

Den Auftakt der diesjährigen Reihe markierte ein spannender Beitrag aus dem Bereich der Astrophysik, gehalten von Dr. Thomas Dauser von der FAU-Erlangen zum Thema „Schwarze Löcher – Monster im All“. Der auf Vermittlung von Physiklehrerin Sonja Pfahler geladene Wissenschaftler hat seine Dissertation der Erforschung von Schwarzen Löchern gewidmet und brachte seiner Wendelsteiner Zuhörerschaft den aktuellen Forschungsstand zu diesem Thema im Rahmen eines 45-minütigen Vortrags auf anschauliche, verständliche und einprägsame Weise näher.

Bereits die Vorstellung seines Arbeitsplatzes, der geschichtsträchtigen Dr.-Karl-Remeis-Sternwarte in Bamberg, dem der FAU anhängigen Astronomischen Institut, mag so manch einen für das Berufsbild des Weltraumforschers eingenommen haben. Ins Schwärmen für astrophysikalische Fragestellungen, Himmels- und Denkkonstellationen kamen die meisten der Anwesenden spätestens dann, als der Wissenschaftler grundsätzliche Überlegungen zu Schwarzen Löchern als einem seit rund 250 Jahren im menschlichen Bewusstsein angelegten Phänomen vor- und anstellte.

Die Besucher des Vortrags zur Allgemeinen Relativitätstheorie von Prof. Dr. Martin Ammon im Schuljahr 2015/16 konnten Dausers Ausführungen vermutlich noch um einiges leichter folgen, aber auch für alle anderen jugendlichen, erwachsenen, laienhaften oder mit einschlägigen Vorkenntnissen ausgestatteten Veranstaltungsteilnehmer wurden die Vorgänge, den durch Masse gekrümmten Raum und Lichtbewegungen durch denselben betreffend, gut nachvollziehbar aufbereitet.

Schwerer fassbare Sachverhalte rund um die Objekte, denen selbst Licht nicht entkommen kann, kommentierte Dauser mit augenzwinkernden Hinweisen wie dem folgenden: „Man kann das alles natürlich sehr wohl auf höherem mathematischen Niveau ausrechnen, oder Sie glauben mir das jetzt einfach mal!“ Und auf dieses Angebot ließen sich die Anwesenden angesichts der doch recht komplex anmutenden Materie dann auch umso bereitwilliger ein. An intellektueller Flexibilität und gedanklicher Krümmung wurde den Besuchern der Veranstaltung auf dem Wege zur Annäherung an das beschriebene Phänomen aber auch so einiges abverlangt, wie beispielsweise die Vorstellung einer als verdichtete Masse auf 9 Millimeter-Größe geschrumpften Erde oder die aktiver galaktischer Kerne, die ein bis zwei Sonnen pro Jahr verschlucken und die zehnmilliardenfache Strahlung der Sonne entwickeln können. In den Bereich des durchaus schwerer Vorstellbaren gehörte wohl auch Dausers Hinweis darauf, dass eine Million Jahre auf astronomischen Zeitskalen eine eher unbedeutende Größe darstellten.

Sowohl optisch als auch intellektuell beeindruckende Spuren hinterließ die im Folgenden im sympathischen Vortragsstil dargebotene Auseinandersetzung mit roten Riesen, weißen Zwergen und planetarischen Nebeln, die nur noch von der Präsentation regelrecht sciencefictionartig anmutender roten Überriesen, Supernovas und Neutronensternen übertroffen wurde.

Bei der Beschreibung der Eigenschaften von Schwarzen Löchern stellte sich der Referent sehr flexibel auf die Vorkenntnisse seines heterogenen Zielpublikums ein, reduzierte mathematische Formeln auf ein Mindestmaß, ließ Phänomene wie Kernfusion und Gravitation zumindest nachvollziehbar erscheinen und lief somit zu keinem Zeitpunkt Gefahr, die Wendelsteiner an irgendwelche Schwarzen Löcher zu verlieren.

Vorgestellt wurde im Rahmen des Vortrags auch die zur Erfassung und Erforschung der 20 Schwarzen Löcher in unserer Galaxie erforderliche Satellitenarmada verschiedener Raumfahrtbehörden wie bspw. der ESA und der NASA, da die Sternenbeobachtung in der Milchstraße kontinuierlich geführt werden muss, um die Rotationsverläufe der Sterne, die sich in Bahnen um Objekte bewegen, überhaupt messbar machen zu können. Moderne astrophysikalische Methoden erlauben es laut Dauser zudem, das Verhalten von Materie unter extremsten Bedingungen zu studieren, wie zum Beispiel die Vermessung der Raumzeit und Rotationsgeschwindigkeit vermittels Spektroskopie, durch die sich die Beschaffenheit der das Schwarze Loch umgebenden Akkretionsscheibe ändert.

An den in Wort und Bild gleichermaßen spannenden Vortrag schloss sich ein moderierter Austausch zu weiteren Überlegungen rund um das faszinierende Thema der überall im Universum vorkommenden Schwarzen Löcher an, an dem sich Vertreter aller Alterskategorien und Kenntnisstände interessiert beteiligten und von Dauser vermittelte Fachtermini wie bspw. „Ereignishorizont“ bereits mit einer gewissen Selbstverständlichkeit benutzten. Fragen zu ultraschnellen Materieausstößen, sogenannten Jets, beantwortete der von seinem Forschungsgegenstand erkennbar faszinierte Astrophysiker dabei genauso kompetent und bereitwillig wie solche zu Szenarien eines Zusammentreffens zweier Schwarzer Löcher oder einer potentiellen künstlichen Erzeugbarkeit des von ihm erforschten Phänomens. Am Ende des Abends hatten alle Aulabesucher die Blicke und Gedanken in ferne Weiten schweifen lassen können und dabei erfahren, dass viele bislang noch im Science-Fiction-Bereich vermutete Szenarien inzwischen durchaus der wissenschaftlichen Erforschbarkeit unterliegen, dass es jedoch auch weiterhin noch zahlreiche ungeklärte Fragen rund um Schwarze Löcher gibt.

Ein herzlicher impliziter Dank an den Referenten für diesen Ausflug in die spannende Welt der Schwarzen Löcher erging ganz unversehens und vorab in Form der spürbar angeregt geführten Diskussion. Ein expliziter folgte diesem vermittels eines großen Applauses durch das Publikum und die Schluss- und Dankesworte des Schulleiters Dr. Johannes Novotný. Dieser, seines Zeichens selbst Physiker, zeigte sich beeindruckt vom regen Austausch und breiten Interesse für das vorgestellte Thema und erläuterte seine Begeisterung mit dem lapidaren Hinweis eines Mannes vom Fach: “Ist ja eigentlich alles nur Physik!“

Wünsche, Vorschläge und Anregungen für weitere Themen, die künftig im Rahmen der Vortragsreihe des „Wendelsteiner Forums“ verhandelt werden sollen, nimmt die Schulleitung des Gymnasiums Wendelstein gerne entgegen.

Mirjam Müller

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