Der HC Wendelstein sichtet Schätze

Am Freitagnachmittag des 9. November fuhr eine große Schar unseres HCs zur Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums (GNM). Hier gibt es Bücher, die es sonst nirgends gibt. Tim Zimmermann, Bibliotheksassistent am GNM machte es für seine hoch interessierten Gäste ganz spannend, als er uns zuerst in die Sammlungen des Museums führte statt in die Räume der Bibliothek. Dort in den Ausstellungen finden sich nämlich einige der größten Schätze des GNM, z.B. das Evangeliar aus Echternach aus dem 9. Jahrhundert (s. Abb. rechts). Herr Zimmermann erzählte, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg in den Besitz des GNM kam, wieviel dafür gezahlt werden musste und wie einzigartig dieses extrem alte Buch auf der ganzen Welt ist.

Wobei in den Sammlungen nur der Umschlag ausgestellt ist – mit einem „Dummie“ innen drin. Das Buch selbst befindet sich lichtgeschützt an einem sicheren Ort in der Bibliothek, wo es Expertinnen und Experten sogar leihen bzw. vor Ort einsehen könnten, sofern sie dafür einen guten, meist einen wissenschaftlichen Grund vorweisen können. Für andere Zwecke werden diese Schätze nämlich seit neuestem auch digitalisiert und stehen somit im Netz zum Lesen, Forschen und Schmökern zur Verfügung ohne die Gefahr, solch ein wertvolles und z.T. auch fragiles Buch durch eine wiederholte Benutzung in Gefahr zu bringen.

Bevor es in die Bibliothek ging zeigte Herr Zimmermann noch einige skurrile Exponate wie z.B. ein Beutelbuch, das am Ende des Mittelalters von einem reichen und mächtigen Nürnberger Ratsmitglied dazu benutzt wurde, seinen Status für alle sichtbar kund zu tun: Seht her, ich bin reich, gebildet und fromm, weil an meinem Gürtel eine wertvolle Taschenbibel hängt!

Dann war es soweit und wir wurden in den Leseraum der eindrucksvoll gestalteten Bibliothek geführt. Dort lagern zugriffsfähig Lexika, Folianten und „normale“ Bücher. In einer Ecke stehen die Kataloge aller (!) aktuellen Ausstellungen im deutschsprachigen Raum. Womit wir beim Fokus der ganzen Sammlung wären, der auf diesen Bereich der Geschichte, Kunst und Kultur gerichtet ist. Weil aber – wie üblich – im Leseraum gelesen bzw. studiert wurde, lockte uns Herr Zimmermann in den Bibliotheksturm. Hier werden all die Bücher gelagert, die nicht in den Leseraum passen oder gerade in den Sammlungen ausgestellt sind. Auf dem obersten der neun Stockwerke hatte er weitere Schätze für uns vorbereitet. Um sie zeigen zu können, zog er sich – wie hier üblich – erst mal weiße Handschuhe an.

Es gab frühneuzeitliche Druckwerke mit reichhaltiger Bildausstattung zu sehen, z.B. ein Buch des letzten katholischen Bischofs von Schweden, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, Geografie, Fauna und Flora seiner Heimat in einem Buch zu sammeln. Daneben sahen wir Einhörner, Basilisken und Phönixe, deren Existenz in den reichhaltigen Illustrationen über jeden Zweifel erhaben zu sein scheint. Anfassen durften wir diese Preziosen der Bibliothek zwar nicht, aber die Nase durften wir schon sehr tief in diese einzigartigen und wertvollen Bücher stecken.

Wer also einen Bedarf verspürt nach Informationen aus alten und aktuellen Büchern zu Kunst und Kultur im deutschsprachigen Raum, kann zunächst mal gucken, ob sie die Bibliothek des GNM schon digital im Netz zur Verfügung gestellt hat. Falls nicht, sollte man 18 Jahre alt sein und einen Ausweis mitbringen, um vor Ort ein Buch aus dem Speicher bestellen zu können. Die meisten Bücher, auch sehr wertvolle liegen dann einige Minuten später auf einem Arbeitstisch des Lesesaals. Wer an die ganz großen Schätze (auch an die aus den Sammlungen des GNM) heranwill, sollte diesen Bedarf schriftlich begründen können. Für unter 18-Jährige gibt es Ausnahmeregelungen oder die Möglichkeit, seine Eltern um Begleitung zu bitten. Denn (kleine) Kinder will man aus guten Gründen nicht heranlassen an Dinge, die für die ganze Menschheit unwiederbringlich verloren wären, wenn sie beschädigt werden würden.

Es war ein spannender Nachmittag, für den wir uns bei Herrn Zimmermann an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bedanken.

Werner Bloß

 

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