Kann man Mut lernen? - Ein Training für mehr Zivilcourage

An einem sonnigen Februartag machten wir, die Klasse 10c, uns auf, um unseren Mut zu trainieren. Dabei ging es weniger um Mutproben oder waghalsige Experimente, sondern um Zivilcourage. Da wir als Klasse mit Frau Mack im Namen unserer Schule für die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ arbeiten, wollten wir selbst herausfinden, wie couragiert wir sein können. Außerdem wollten wir erproben, welchen Einfluss Gruppen auf unser Verhalten haben.

Workshops zu diesen Themen werden von der Einrichtung „DoKuPäd“, die sich nahe des Dokuzentrums in Nürnberg befindet, für Jung und Alt angeboten und von engagierten Studenten und Pädagogen geleitet. Neben „Zivilcourage“ und „Macht der Gruppe“ werden dort auch andere Themen wie „Rechtsextremismus“ oder „Menschenrechte“ angeboten.

Zunächst einmal war es Ziel des Tages, unsere Empathiefähigkeit und unser Selbstvertrauen zu schulen, sowie die Balance zwischen Individualität und Gruppenfähigkeit zu finden. Hierfür wechselten unsere sympathischen Kursleiterinnen zwischen Spiel, Diskussion und Gruppenarbeit ab, was dazu führte, dass die Zeit wie im Flug verging und wir viel lernten – auch über uns selbst und uns als Klasse. 

Besonders gut kam bei uns die Übung „Stimmungsthermometer“ an: Zunächst schätzen 4er-Gruppen eine Situation ein, wie beispielsweise „ein Hund wird von seinem Besitzer mit einem Stock geschlagen“ oder „eine Mutter schlägt ihr Kind im Supermarkt“ und ordneten das jeweilige Fallbeispiel auf einer Skala von null bis hundert „Grad“ ein. Die Gradzahl gab dabei an, ob wir in dieser Situation eingreifen würden.  Daraufhin wurde in großer Runde mit der ganze Klasse über die Ersteinstufungen der Gruppen diskutiert und besprochen, wie wir in einem solchen Moment durch Ansprechen, Verständigung der Polizei oder Alarmieren des Jugendamts selbst aktiv werden könnten und im besten Falle auch helfen können. Hierbei entstanden ausführliche und kontroverse Debatten, da gerade bei der Thematik „körperliche Gewalt gegen Menschen bzw. Tiere“ viel Toleranz für unterschiedliche Einschätzungen gefragt war. 

Spannend war auch ein Experiment, das typisches Verhalten in einer Gruppe ganz praktisch bewies. Es wird zur Tarnung „optisch-visuelles Experiment“ genannt. Dabei wurden sechs Freiwillige ausgewählt, denen in mehreren Runden jeweils drei unterschiedliche lange Striche gezeigt wurden. Kurz bevor es losging, wurde eine der Sechs unter einen Vorwand vor die Tür gelockt und unter den anderen wurde ein Wortführer bestimmt, der nach drei Runden immer absichtlich die falsche Lösung angeben sollte – obwohl die richtige Antwort optisch eindeutig war. Zu Anfang vertrat die „auserwählte Ahnungslose“ noch selbstbewusst die richtige Lösung, aber nach mehreren Runden, in denen die Gruppenmehrheit  stets für die falsche Antwort stimmte und nach einem Kommentar einer Leiterin im Bezug auf ihre Brille schloss sie sich jedes Mal still der Gruppe an und versuchte gar nicht mehr ihre Meinung zu äußern. - Erstaunlich, aber auch erschreckend, wie schnell wir uns einer Gruppenmeinung beugen und sie als „wahr“ akzeptieren.

Woran das liegen kann, behandelten wir im Anschluss in Gruppenarbeit und fanden heraus, dass wir oft schlichtweg zu faul sind, unsere Überzeugungen zu vertreten, denn es ist ja viel einfacher mit dem Strom zu schwimmen. Auch die Angst vor Streit oder Zurückweisung leitet häufig unser Verhalten. Dennoch bedeutet ein Gruppe natürlich nicht nur Schlechtes, denn Freude, Zusammenhalt, Gemeinschaft und Spaß erfährt man vor allem hier. Den Fun-Faktor in unserer Gruppe, also in unserer Klasse, merkten wir auch bei einem Spiel, bei dem alle Schülerinnen und Schüler der 10c auf möglichst wenigen Stühlen Platz finden sollten. Wir  waren richtig gut ...! 

Wir fänden es sinnvoll, allen 10. Klassen die Möglichkeit für diese Erfahrung zu geben und sich in Sachen Zivilcourage und Gruppendynamik weiterzubilden, denn von uns hat jeder etwas mitgenommen, wenn auch „nur“ einen Gedankenanstoß und das Wissen, was in einer brenzligen Situation zu tun ist. Denn das schlimmste ist, einfach wegzuschauen und sich nicht verantwortlich zu fühlen für Mitmenschen die deine Hilfe brauchen!

Von Jule Straubinger und Amadou Ndoye, Klasse 10c

 

 

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