Ethik im Tiergarten

Am 15. Februar erlebten die Ethikschülerinnen und -schüler der 8. Klassen eine besondere Unterrichtseinheit im Freien. Sie hatten die Gelegenheit, Fragen der Tier- und Umweltethik einmal Auge in Auge mit Giraffe, Gorilla und Co. zu diskutieren.

Mit dem Bus ging es zum Tiergarten in Nürnberg, wo uns Zoopädagoge Herr Dienemann in Empfang nahm. Mit ihm statteten wir zunächst den Giraffen einen Besuch ab, wo wir über das Schicksal der Giraffe Marius sprachen, das in den Medien Aufsehen erregt hatte, nachdem das Tier im Kopenhagener Zoo getötet, vor den Augen interessierter Besucher zerlegt und dann verfüttert worden war. Weiter ging es bei den Erdmännchen und den Fuchsmangusten, beides keine bedrohten Tierarten, die der Tiergarten eher als „Besuchermagnet“ als aus Gründen des Artenschutzes hält. Hier erfuhren wir, welche Funktionen ein Zoo erfüllt. Neben der Unterhaltung der Zoogänger sind auch Bildung, Forschung und der bereits erwähnte Schutz bedrohter Tierarten Aufgaben der Einrichtung. Anschließend statteten wir den Gorillas einen Besuch ab. Wir diskutierten, ob Silberrücken Fritz nicht besser „abgeschafft“ und durch ein jüngeres, zur Zucht einsetzbares Männchen ersetzt werden sollte und waren froh, dass Herr Dienemann uns versicherte, dass Fritz seinen Lebensabend in Nürnberg verbringen dürfe, auch wenn er nicht mehr zum Erhalt seiner Art beitragen könne.

Interessant war auch die nächste Station, der blaue Salon. Dort beobachteten wir Seelöwen und Delphine und erfuhren, wie Tiertrainer den Meersäugern beibringen, auf Kommando bestimmte Bewegungen auszuführen. Wir sprachen auch über die Kritik von Tierschützern an der Delphinhaltung und setzten uns kritisch mit den Argumenten beider Seiten auseinander. Schließlich verließen wir den Besucherbereich des Tiergartens und besichtigten den Betriebshof, wo Futter angeliefert und gelagert wird. Wir durften einen Blick in die riesigen „Kühlschränke“ werfen, wo Gemüse, aber auch Fleisch gelagert wird. Der Anblick von weißen Mäusen und Eintagsküken, die kistenweise bereits tot eingekauft werden, lieferte Gesprächsstoff für eine Diskussion mit dem Futtermeister vor Ort.

Auch die Besichtigung der Futtertierhaltung, wo der Tiergarten in kleineren Mengen selbst Mehlwürmer, Mäuse, Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen hält, um diese zu verfüttern, wurde uns nicht vorenthalten. Wir erfuhren, dass das Verfüttern lebendiger Tiere bis auf sehr wenige Ausnahmen verboten ist und die Kleintiere tierschutzgerecht getötet werden, bevor sie im Futtertrog der „Fressfeinde“ landen. Sicherlich war der Gedanke, dass die süßen Lebewesen, die wir ansehen durften, bald gefressen werden, kein angenehmer. Trotzdem mussten wir zugeben, dass die Verfütterung von Tieren aus dem eigenen Bestand, die zu Lebzeiten weitestgehend artgerecht behandelt werden, dem Einkauf von Fleisch aus den Tierfabriken der Massentierhaltung vorzuziehen ist. Nachdem sich Herr Dienemann viel Zeit genommen hatte, unsere Fragen geduldig und kompetent zu beantworten, durfte der Tiergarten auf eigene Faust erkundet werden. 

Der Blick hinter die Kulissen des Zoos war ein Erlebnis, das zum Nachdenken anregt hat und uns eindrucksvoll gezeigt hat, dass Ethik nicht nur im Verhältnis von Mensch zu Mensch eine wichtige Rolle spielt, sondern auch unser Umgang mit Tieren und Umwelt von ethischen Reflexionen begleitet sein sollte.

Verena Müller