Unterwegs auf den Spuren Napoléons – Besuch in der Bayerischen Landesausstellung 2015

Vor rund 200 Jahren fegte ein Sturm in Person eines einzelnen Mannes über Bayern und ganz Europa hinweg: Napoléon Bonaparte, französischer General und später Kaiser der Franzosen, wirbelte die alte Ordnung grundlegend durcheinander. Das 200-jährige Gedenken an die Schlacht bei Waterloo, vor allem aber auch an die Neuordnung der europäischen Staatenwelt im Zuge des für lange Zeiten friedensstiftenden Wiener Kongresses von 1814/15, boten den Anlass zur diesjährigen Landesausstellung und deren Besuch durch Schülerinnen und Schüler der 8. Jahrgangsstufe.

Im Rahmen von je rund 80-minütigen Führungen wurde den jugendlichen Ausstellungsbesuchern die wechselhafte Geschichte des napoleónischen Frankreich in ihren engen Beziehungen zum damaligen Königreich Bayern veranschaulicht. Das Führungspersonal konnte dabei auf modern gestaltete Ausstellungsräume sowie eine große und auch für Jugendliche durchaus attraktive Auswahl an internationalen Exponaten, medialen Installationen und Erlebnisstationen zurückgreifen.

Begrüßt wurden die Besucher von einem Monumentalgemälde, das Napoléon anlässlich seines Einzugs in München zeigt und das er zu Zwecken der Selbstinszenierung im fremden Einflussgebiet anfertigen ließ. In stimmiger Entsprechung zu diesem Auftakt folgte die Ausstellungskonzeption im Wesentlichen einem biographiegeschichtlichen Zugang und begleitete Napoléons Aufstieg und Niedergang in weitgehend zeitlich-chronologischer Abfolge. Die Ausstellungsbesucher wurden mitgenommen auf eine spannende und zugleich informative Zeitreise entlang verschiedener Stationen der napoléonischen Karriere sowie seiner militärischen Eroberungsfeldzüge durch ganz Europa. 

Ganz besonderen Eindruck hinterließen bei den jugendlichen Betrachtern einige der Großexponate wie z.B. eine Guillotine, Napoléons Feldherrenmantel oder auch die bayerische Königskrone inklusive Schmuckschatulle. An einer der zahlreich integrierten Erlebnisstationen bot sich darüber hinaus die Gelegenheit, einmal selbst in die Rolle und die Fußstapfen eines napoléonischen Soldaten zu schlüpfen und die Lasten und Unannehmlichkeiten der zeitgenössischen Soldatenausrüstung (Helm, Schuhe, Mantel, Tornister, Gewehr, Schlagwaffen, etc.) am eigenen Leib zu erfahren. Auf Schülerinteresse stieß auch die Tatsache, dass bei der Rekrutierung bayerischer Soldaten im Alter von 16 bis 40 Jahren in vielen Fällen allein das Los darüber befand, wer sein Leben im Krieg aufs Spiel setzen musste und dass die 2cm zwischen 1,62m und 1,64m Körpergröße darüber entschieden, ob der Rekrut zur Infanterie oder zur Kavallerie der „Großen Armee“ eingezogen wurden,

Einen unbestrittenen Höhepunkt der Schau stellte die multimedial aufbereitete Inszenierung des katastrophal geendeten Russlandfeldzugs von 1812 dar. Mit Tausenden von kleinen Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielfiguren im Folgeraum wurden die zahlenmäßig kaum fassbaren Soldatenmassen der „Grande Armée“ versinnbildlicht, die sich von anfangs über 400 000 (inkl. 30 000 Bayern) bis auf nurmehr 30 000 Mann (darunter noch 4000 bayerische Soldaten), die den Russlandfeldzug überlebten, reduziert hatten. 

Der ereignisgeschichtliche Bogen wurde schließlich weiter gespannt über Napoléons Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig, seine erste Verbannung nach Elba und die finale Niederlage bei Waterloo bis hin zur endgültigen Verbannung auf die Atlantikinsel St. Helena.

Am Ende des eindrücklichen Ausstellungsdurchlaufs konnten die meisten Besucher nicht umhin, die historische Rolle Napoléons auch weiterhin kontrovers zu beurteilen. Deutlich geworden ist jedoch auch, dass zahlreiche Spuren der durch ihn angestoßenen Entwicklungen bis heute im Freistaat Bayern spür- und erkennbar geblieben sind.

Zu verdanken hat Bayern dem Franzosenkaiser zuallermindest ein vergrößertes Territorium, seine erste liberale Landesverfassung sowie die Wurzeln des modernen Verfassungsstaates.

Der Ausstellung in Ingolstadt zu verdanken haben ihre Besucher im Gegenzug viele anschaulich vermittelte Nachdenkensimpulse und ein deutlich verbessertes Gesamtverständnis des komplexen Themas Napoléon und seiner engen Verknüpfungen mit der bayerischen Geschichte.

Mirjam Müller für die Fachschaft Geschichte