Literatur für Schüler von der ersten bis zur letzten Bank – Eine inszenierte Lesung von Anna Gavaldas Roman „35 Kilo Hoffnung“

Zu inszenierten Lesungen des für den Jugendliteraturpreis nominierten Romans „35 Kilo Hoffnung“ von Anna Gavalda war Christof Lappler vom Theater Pfütze im Juni gleich mehrfach zu Gast am Gymnasium Wendelstein.

In rund 50 Minuten gelang es dem als Vorleser und Hauptfigur in Personalunion auftretenden Schauspieler, sowohl den Inhalt von Gavaldas Werk zu transportieren als auch die im Roman und im Kopf seines Protagonisten vorherrschende Stimmung so einzufangen, dass die Schülerinnen und Schüler phasenweise komplett in das Leben und Denken des 13-jährigen David, eines selbsternannten Schulhassers par excellence, eingesogen wurden, der in Konflikt mit seinen Lehrern, seinen Mitschülern, seinen Eltern und sich selbst gerät.

Die Inszenierung kommt dabei mit einem absoluten Minimum an Kulissen aus und belässt das als Rahmen der Vorführung gezielt erwünschte Klassenzimmer, bis auf eine erhöhte Tisch-Stuhl-Kombination und eine per Knopfdruck zu aktivierende Mini-Soundbox, völlig unverändert.

Der pointierte Lesevortrag wurde ein ums andere Mal aufgelockert bzw. dramaturgiebedingt zugespitzt durch frei gesprochene und gespielte Passagen, die den jugendlichen Protagonisten – begleitet von musikalischer Untermalung – in Phasen höchster Anspannung oder Verzweiflung zeigen. Dabei zog der „Vorleser“ jeweils alle Register seines schauspielerischen Könnens, sowohl durch die Aufbietung ausdrucksvoller Mimik und Gestik als auch durch einen perfekt modulierten Stimmeinsatz, der die ganze Bandbreite vom Flüstern, über renitentes Teenager-Gegrummel bis hin zum rückhaltlosen Verzweiflungsschrei abdeckte. Mit zunehmender Dauer der Inszenierung verabschiedete sich Lappler immer mehr aus der Position eines auf Stuhl und Tisch fixierten (Vor-)Lesers und ging – parallel zur Entwicklung des Protagonisten – dazu über, die ihn umgebende Umwelt zu durchstreifen, sich liegend oder über Tische kletternd eine neue Perspektive zu verschaffen und trieb die physisch-motorische Auslotung seiner räumlichen Grenzen immer weiter voran.

Spätestens zu dieser Gelegenheit wurde den jugendlichen Zuhörern klar, dass Literatur etwas Lebendiges ist, das nicht nur im Sitzen und auf dem Papier, sondern immer auch in Bewegung und definitiv auch jenseits der Begrenzungen eines – allzu engen? – Klassenzimmers stattfindet.

Auf seiner Homepage beschreibt das Theater Pfütze seine Philosophie folgendermaßen:

„Unsere Stücke sind Geschichten, die vom Leben erzählen. Von den Herausforderungen und Chancen, von der Schönheit und der Lust des Lebens. Geschichten von Helden, die den Mut haben, auch mal Angst zu haben. Unsere Inszenierungen öffnen die Tür zur Phantasie, lassen Raum für eigene Gedanken, Bilder und Gefühle und ermutigen große und kleine Zuschauer das Leben in die eigene Hand zu nehmen.“

Die Umsetzung dieser Vorstellungen ist in den 5. und 6. Klassen am Gymnasium Wendelstein definitiv und von jeweils großem Applaus begleitet gelungen.

Mirjam Müller für die Fachschaft Deutsch